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Die Zwangsvollstreckung bezeichnet das gerichtliche Verfahren, durch das ein Gläubiger seine durch einen vollstreckbaren Titel (z. B. ein Urteil, Beschluss, Vollstreckungsbescheid) bestätigte Forderung gegen den Schuldner zwangsweise durchsetzen kann. Die Durchführung erfolgt durch staatliche Organe (z.B. Gerichtsvollzieher, Vollstreckungsgericht) und umfasst Maßnahmen wie Pfändung von Vermögenswerten, Zwangsversteigerung oder Zwangseintragung in das Grundbuch, um die Forderungen aus dem Vermögen des Schuldners zu befriedigen. Die gesetzlichen Grundlagen hierfür sind in der Zivilprozessordnung (ZPO) geregelt.
Aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 20 Abs. 3 GG folgt, dass der Staat nicht nur einen Rechtsweg zur Verfolgung privatrechtlicher Ansprüche zwischen Privatpersonen, sondern auch wirksame Mittel zur Durchsetzung zivilgerichtlicher Entscheidungen mithilfe staatlicher Zwangsmittel zur Verfügung stellen muss, um Selbstjustiz zu verhindern (Garantie effektiven Rechtsschutzes). Dies geschieht durch die Zwangsvollstreckung.
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Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung
Da die Zwangsvollstreckung mit zum Teil erheblichen Eingriffen in die Grundrechte des Schuldners verbunden ist, sieht das Gesetz einerseits stark formalisierte Voraussetzungen und andererseits umfangreiche Rechtsschutzmöglichkeiten für Schuldnerinnen und Schuldner vor.
Der Vollstreckungstitel: Vollstreckbar sind dabei zunächst rechtskräftige Urteile eines staatlichen Gerichts, die für vorläufig oder endgültig vollstreckbar erklärt wurden (§ 704 ZPO). Aber auch andere durch Gerichte oder Notar:innen erstellte Dokumente können Grundlage der Zwangsvollstreckung sein (§ 794 ZPO). Die wichtigsten davon sind gerichtliche Vollstreckungsbescheide, vor Gericht geschlossene Vergleiche oder bestimmte Notarurkunden. All diese Dokumente fasst man unter dem Begriff des „Vollstreckungstitels“ zusammen.
Die Vollstreckungsklausel: Allerdings reicht allein die Existenz des Vollstreckungstitels noch nicht aus, um die Zwangsvollstreckung zu beginnen. Diese erfordert eine sogenannte „vollstreckbare Ausfertigung“ des Titels, die mit einer „Vollstreckungsklausel“ versehen ist (§§ 724, 725 ZPO). Dies dient dazu, dass bestimmte Vollstreckungsvoraussetzungen nicht mehr von jedem später beauftragten Vollstreckungsorgan neu geprüft werden müssen, sondern zentral und einheitlich zu Beginn der Zwangsvollstreckung bestätigt werden.
Zustellung: Schließlich muss das zu vollstreckende Dokument dem Vollstreckungsschuldner mit Beginn der Zwangsvollstreckung zugestellt werden (§ 750 ZPO). Das dient dazu, dem Schuldner die Wahrnehmung seiner Rechte zu ermöglichen und sich weitgehend vor Überraschungen zu schützen.
Aus diesen Vorschriften ergeben sich die Voraussetzungen, unter denen staatliche Macht zur Durchsetzung privatrechtlicher Ansprüche genutzt werden darf: Titel – Klausel – Zustellung.
Die Zwangsvollstreckungsarten
Das Gesetz unterscheidet zwischen:
- der Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen
- der Zwangsvollstreckung zur Erwirkung der Herausgabe von Sachen
- der Zwangsvollstreckung zur Erwirkung von Handlungen oder Unterlassungen
Für den häufigsten Fall der Zwangsvollstreckung von Geldforderungen wird unterschieden zwischen
- der Vollstreckung in bewegliche Sachen (Pfändung von Gegenständen – der berühmte „Kuckuck“, §§ 808 ff. ZPO),
- der Vollstreckung in Forderungen (z. B. die Kontopfändung, die Pfändung von Arbeitseinkommen, §§ 828 ff. ZPO) und
- der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen (Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung, §§ 864 ff. ZPO, ZVG).
Abgabe der Vermögensauskunft
Keine eigene Vollstreckungsart, aber oft von sehr weitreichender Bedeutung ist die Abgabe der Vermögensauskunft (§§ 802c ff. ZPO). Im Rahmen der Vollstreckung von Geldforderungen kann der Gerichtsvollzieher vom Schuldner umfassende Auskunft über dessen Vermögen verlangen und Informationen bestimmter Behörden abfragen. Die Vollständigkeit und Richtigkeit der Vermögensauskunft ist vom Schuldner an Eides statt zu versichern (§ 802c Abs. 3 ZPO – mit der strafrechtlichen Androhung § 156 StGB).
Weigert sich der Schuldner, die Vermögensauskunft abzugeben, kann er bis zu sechs Monate in Haft genommen werden (§§ 802g ff. ZPO). Primär dient die Vermögensauskunft dazu, dem Gläubiger Informationen zu sinnvollen Vollstreckungsmaßnahmen zu geben. Da die Vermögensauskunft unter bestimmten Bedingungen aber in ein öffentliches Schuldnerregister eingetragen wird (§§ 882b ff. ZPO), auf das auch Auskunfteien (z. B. Schufa, Creditreform) zugreifen können, kann dies mit erheblichen Nachteilen für den Schuldner verbunden sein.
Wer ist für was zuständig?
Ablauf der Zwangsvollstreckung
Die sachliche Zuständigkeit in der Zwangsvollstreckung unterscheidet sich für unterschiedliche Vollstreckungsmaßnahmen.
Insbesondere die Vollstreckung von Handlungen des Schuldners, die Vollstreckung in Forderungen und die Vollstreckung in das unbewegliche Vermögen des Schuldners fallen in die Zuständigkeit des Amtsgerichts (§ 864 ZPO), das dafür eine eigene Abteilung (Vollstreckungsgericht) unterhält. Dagegen fallen die Herausgabe von Gegenständen, die Vollstreckung in bewegliche Sachen und die Abnahme der Vermögensauskunft (sowie ggf. die Vollstreckung eines vom Gericht erlassenden Haftbefehls zur Erzwingung der Vermögensauskunft) in die Zuständigkeit des Gerichtsvollziehers (§ 753 ZPO), der gleichzeitig Beamter des mittleren Justizdienstes und Selbstständiger mit eigenen Geschäftsräumen ist.
Örtlich zuständig ist der Gerichtsvollzieher bzw. das Vollstreckungsgericht, an dem der Schuldner seinen Wohnsitz hat. Die Gerichtsvollzieher:innen haben innerhalb des Gerichtsbezirks eigene Zuständigkeitsbereiche. Soweit man nicht selbst den zuständigen Gerichtsvollzieher ermitteln kann, kann man den Auftrag an die Verteilerstelle für Gerichtsvollzieheraufträge des Amtsgerichts senden.
In jedem Fall beginnt die Zwangsvollstreckung nur auf Antrag des Gläubigers. Für die Standardfälle (Vollstreckung durch den Gerichtsvollzieher und Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses durch das Vollstreckungsgericht) sind dafür zwingend die amtlichen Formulare zu nutzen. Dazu muss – von Ausnahmen abgesehen – der originale Vollstreckungstitel mit eingereicht werden. Sind schon zuvor andere Vollstreckungsversuche unternommen worden, müssen die Nachweise über die dabei entstandenen Kosten mit eingereicht werden.
Gerichtsvollzieher:in bzw. Vollstreckungsgericht prüfen anhand der eingereichten Unterlagen die formalen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung und leiten dann die beauftragte Maßnahme ein – beispielsweise eine Sachpfändung vor Ort (beim Gerichtsvollzieherauftrag) oder den Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses.