Der Titel liegt vor, Zahlungen des Schuldners erfolgen aber nicht freiwillig, so dass im Auftrag des Mandanten die Zwangsvollstreckung erfolgen soll. Bekannt ist (entweder durch den Mandanten oder ggf. durch eine vorliegende Vermögensauskunft), dass der Schuldner einer regelmäßigen Tätigkeit nachgeht, so dass die Zwangsvollstreckung in den pfändbaren Teil des Lohnes erfolgen soll.
Da der Gläubiger die Dispositionsbefugnis hat, also frei entscheiden kann, mittels welcher (zulässigen) Maßnahme er die Realisierung seiner Forderung in Angriff nimmt, kann er dies sofort veranlassen, ohne dass zuvor andere Maßnahmen ergriffen und ausgeschöpft wurden. Dass das gerade für den Schuldner mehr als unangenehm sein kann, weil er sich dann insbesondere in kleineren Firmen gegenüber dem Arbeitgeber erklären muss, kann dem Gläubiger gleichgültig sein: Die Lohnpfändung ist oft der beste Weg, um eine titulierte Forderung zu realisieren, auch wenn es manchmal Jahre dauert.
Der Beschluss: Voraussetzungen und Folgen
Die Lohnpfändung erfolgt durch beantragten Beschluss und der Arbeitgeber des Schuldners steht nach entsprechender Zustellung dieses Beschlusses in der Pflicht, an der Realisierung der Forderung mitzuwirken. Tut er dies nicht, macht er sich unter Umständen schadenersatzpflichtig und riskiert möglicherweise eine Drittschuldnerklage.
Voraussetzungen für die Pfändung von Arbeitseinkünften sind Titel, Klausel und die Zustellung. Die Zustellung muss zwingend vorher erfolgt sein und kann nicht, wie das bei der Gerichtsvollziehervollstreckung der Fall ist, zusammen mit der Vollstreckung in Auftrag gegeben werden. Denn das zuständige Vollstreckungsorgan ist hier das Vollstreckungsgericht (am Wohnsitz des Schuldners).
Hinweis:
Der für den begehrten Beschluss erforderliche Antrag ist ein „zweifacher“ Antrag, der in der Regel aus einem Antrag auf Erlass eines Pfändungsbeschlusses und einem weiteren Antrag auf Erlass des „Überweisungsbeschlusses“ besteht.
Regelmäßig und sofern ein vollstreckbarer Titel vorliegt, der nicht an eine Sicherheitsanordnung gebunden ist (d. h. ein vorläufig vollstreckbarer Titel ohne Sicherheitsbeschränkung oder ein rechtskräftiger Titel, bei dem die Beschränkungen der Sicherheitsleistung durch die Rechtskraft entfallen ist), wird der Antrag als „Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses gestellt.
Lediglich dann, wenn es um die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung geht, wird es „nur“ ein „Antrag auf Erlass eines Pfändungsbeschlusses“ sein. Ein isolierter „Antrag auf Erlass eines Überweisungsbeschlusses“ kommt nur in Betracht, wenn ein bereits isolierter Pfändungsbeschluss vorliegt und nachträglich – nach Wegfall der Anordnung der Sicherheitsleistung – die Auszahlung begehrt wird.
Der reguläre Weg
In der Regel wird es sich um einen Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses handeln, da nicht nur die Sicherung des Anspruchs, sondern auch deren Befriedigung begehrt wird. Der beantragte Beschluss – in dem der Arbeitgeber als Drittschuldner zu bezeichnen ist – wird erlassen, wenn keine Hindernisse vorliegen; sowohl der Schuldner als auch der Drittschuldner werden über den Erlass des Beschlusses in Kenntnis gesetzt, daher ist eine korrekte und vollständige Bezeichnung der Parteien erforderlich.
Mit der Zustellung des Beschlusses wird dem Arbeitgeber zugleich verboten, den pfändbaren Teil des Lohnes an den Schuldner auszuzahlen und er wird dazu verpflichtet, diesen – zumindest soweit diese Forderung besteht – Betrag an den Gläubiger(vertreter) auszukehren.
Darüber hinaus wird der Arbeitgeber gemäß § 840 ZPO dazu aufgefordert, dem Gläubiger binnen einer Zwei-Wochen-Frist mitzuteilen:
- ob die Forderung besteht bzw. anerkannt wird,
- ggf. in welcher Höhe
- inwieweit eine Auszahlung erfolgen wird,
- ob andere Gläubiger Ansprüche auf das Gehalt des Schuldners angemeldet haben oder bereits andere (vorrangige) Pfändungen bestehen.
Ist der Gläubiger der alleinige Gläubiger, so hat der Arbeitgeber (Drittschuldner) den pfändbaren Lohn entsprechend der Tabelle des § 850c ZPO zu ermitteln und monatlich an den Gläubiger auszukehren, bis die Schuld beglichen ist. Haben mehrere Gläubiger den Lohn gepfändet, so muss der Arbeitgeber diese in der zeitlichen Reihenfolge der jeweiligen Zustellung an ihn bedienen, wobei auch ein ggf. vorgeschobenes Zahlungsverbot rangwahrend zu beachten ist.
Pfändungsfreigrenzen und Berechnung durch Drittschuldner
Mit § 850c ZPO legt der Gesetzgeber (jeweils angepasst) sogenannte Pfändungsfreigrenzen fest – das ist der Teil des Gehalts, der dem Schuldner regelmäßig zu belassen ist. Die Tabelle ist grundsätzlich anwendbar, was zugleich bedeutet, dass einerseits der Schuldner bei Mehrbedarf eine Erhöhung dieser Freigrenzen erreichen kann, andererseits aber auch der Gläubiger in bestimmten Konstellationen (z.B. bei Vorliegen eines Delikttitels) eine Herabsetzung der Freigrenzen verlangen kann, was an dieser Stelle aber nicht vertieft werden soll.
Aus Gläubigersicht stellt sich jedoch immer die Frage, ob die Befriedigung durch Überweisung des Lohnanteils durch den Arbeitgeber ordnungsgemäß erfolgt. Regelmäßig fehlt dem Gläubiger die Kenntnis über die tatsächlichen Lohnbestandteile oder auch über bestehende Unterhaltsverpflichtungen, so dass ihm eine Kontrolle nicht möglich ist.
Überprüfungsmöglichkeiten durch den Gläubiger?
Nur die Lohnabrechnung ermöglicht letztlich die Überprüfung der richtigen Ermittlung des pfändbaren Teils des Arbeitseinkommens, z.B. wie viele unterhaltsberechtigte Personen berücksichtigt werden oder z. B. ob Abschlagszahlungen oder Vorschüsse korrekt berücksichtigt werden oder nicht, wobei es im letzteren Fall tatsächlich auf den Vergleich des Datums der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses mit dem Datum der Auszahlung des Vorschusses ankommen kann.
Die Einsicht in die Unterlagen kann auch zur Aufdeckung von Manipulationen des Schuldners führen, wie z. B. ein „pfändungsschonendes“ Steuermodell mit ungünstiger Steuerklasse (bei Ehegatten): Denn vielfach werden die Steuerklassen so gewählt, dass der Schuldner alleine erst dadurch unpfändbar wird (Steuerklasse 5).
Besteht ein Recht auf Herausgabe der Lohnabrechnungen?
Zwar hat der Gläubiger nach § 836 ZPO zunächst nur einen Anspruch auf Herausgabe der (Lohn-)Abrechnungen des Drittschuldners gegen den Schuldner. Dass es sich aber bei dem Herausgabeanspruch hinsichtlich der Lohnunterlagen um einen stets automatisch als Nebenrecht mitgepfändeten Anspruch handelt, wird in der Literatur überwiegend bejaht. Dennoch wird der Anspruch – weil nicht ausdrücklich aus dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ersichtlich – von Drittschuldnern regelmäßig bestritten.
Hier bietet es sich für die Praxis an, bereits bei der Beantragung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses den Anspruch auf Herausgabe der Lohnunterlagen mit zu pfänden, so dass die entsprechende Herausgabepflicht auch für den Drittschuldner im Beschluss dokumentiert ist.
Fazit
Wie so oft gilt auch bei der Lohnpfändung der Grundsatz: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Sorgen Sie für eine Überprüfungsmöglichkeit, indem Sie vom Drittschuldner die Herausgabe der Lohnabrechnungen einfordern, bestenfalls bereits im Pfändungs- und Überweisungsbeschluss.
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Carmen Wolf ist gelernte Rechtsanwaltsfachangestellte mit Weiterbildung zur Rechtswirtin und zur Kanzleimanagerin. Bei der Koblenzer Rechtsanwaltskanzlei FROMM ist Sie als Büroleiterin sowie Ausbilderin für Rechtsanwaltsfachangestellte tätig und dementsprechend mit allen Bereichen der Kanzleipraxis betraut.