Wird Arbeitslohn gepfändet, liegt dem nicht selten ein Unterhaltsanspruch zugrunde, da die Pfändung von Arbeitslohn regelmäßig die größten Erfolgsaussichten verspricht.
Dahinter steckt meistens der Sachverhalt, dass der Schuldner/die Schuldnerin – häufig der getrennte oder geschiedene (Ehe-)Partner – den gesetzlichen Unterhalt für die Kinder oder ggf. für den Elternteil nicht, nicht regelmäßig oder nicht in ausreichender Höhe leistet. Das führt dazu, dass ein entsprechender Titel erwirkt werden muss. Das kann ein Unterhaltstitel einer Behörde/des Jugendamts (bei minderjährigen Kindern), eine notarielle Urkunde, ein anwaltlicher oder gerichtlicher Vergleich, oder aber ein über das Familiengericht erstrittener Titel sein.
Hierbei kann es sich um einen statischen Titel handeln, bei dem ein fester Geldbetrag bestimmt ist. Es kann sich aber auch um einen dynamischen Titel handeln, bei dem der Geldbetrag bei Veränderungen angepasst wird. Praktikabler ist insoweit ein dynamischer Titel, da bei Änderungen – wie bei Anpassung des Gehalts des Unterhaltspflichtigen – kein neuer Titel erwirkt werden muss.
Voraussetzungen und übliche Vorgehensweise
Ist der Titel vollstreckbar, d. h. liegt eine Ausfertigung mit Vollstreckungsklausel und Zustellungsnachweis vor, kann die Forderungspfändung in das Gehalt des Schuldners durch Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erfolgen. Der Antrag ist unter Verwendung der vom Bundesministerium für Justiz zur Verfügung gestellten Formulare zu stellen, wobei die Besonderheiten bei Unterhaltsforderungen, insbesondere hinsichtlich der beizufügenden Forderungsaufstellung, zu beachten sind.
Im Übrigen kann die Pfändung „ganz normal“ erfolgen und der Unterhaltsgläubiger reiht sich – falls vorrangige Pfändungen erfolgt sind – in den entsprechenden zeitlichen Rang des „Normalpfändungsbereichs“ ein.
Privilegien des Unterhaltsgläubigers
Es geht aber „besser“: Der Gesetzgeber räumt Unterhaltsgläubigern im Rahmen der Zwangsvollstreckung Vergünstigungen ein. Hintergrund ist, dass Unterhaltsgläubiger den Unterhalt zur Aufrechterhaltung des notwendigen Lebensbedarfs regelmäßig dringend benötigen.
Aushebelung der Pfändungsfreigrenzen
Zum einen ist hier auf § 850d ZPO zu verweisen, wonach Unterhaltsansprüche, die einem Verwandten, dem Ehegatten, einem früheren Ehegatten, der Lebenspartnerin, einer früheren Lebenspartnerin oder nach den §§ 1615l, 1615n BGB kraft Gesetzes einem Elternteil zustehen, bevorzugt werden, indem die Pfändungsfreigrenzen des § 850c ZPO außer Acht gelassen werden können. Dem unterhaltsverpflichteten Schuldner ist dann – wie das bei deliktischen Forderungen ebenfalls möglich ist – nur so viel zu belassen, wie er für seinen notwendigen Unterhalt und zur Befriedigung vorrangiger bzw. gleichberechtigter Unterhaltsgläubiger benötigt.
Dieses Pfändungsprivileg wird aber nicht automatisch gewährt, vielmehr ist hier ein entsprechender Antrag erforderlich. Damit der Gläubiger die entsprechenden Vorteile nutzen kann, muss sich jedoch aus dem Titel ergeben, dass es sich bei der Forderung um einen Unterhaltsanspruch im Sinne des § 850d Abs. 1 S. 1 ZPO handelt – also um Unterhaltsansprüche kraft Gesetzes wie zuvor dargestellt.
Hinweis:
Forderungen, die im Zusammenhang mit der Unterhaltsforderung stehen (z. B. Kostenerstattung aus dem Unterhaltsprozess), sind nicht privilegiert, diese Beträge stehen „hinten an“ und der Gläubiger reiht sich in der Rangliste im Rahmen der allgemein gültigen Pfändungsfreigrenzen ein. Das Vollstreckungsprivileg gilt also nur für direkte Unterhaltsansprüche.
Forderungen, die älter als ein Jahr sind, können nur dann privilegiert vollstreckt werden, wenn sich der Schuldner (nachweislich) absichtlich seiner Leistungen entzogen hat.
Die Außerachtlassung der Pfändungsfreigrenzen durch einen entsprechenden Beschluss, der dann in der Regel den Selbstbehalt des Schuldners der Höhe nach (und zwar mit einem niedrigeren Betrag als die Tabelle des § 850c ZPO) festlegt, führt dazu, dass der Arbeitgeber auch dann Zahlungen an den Gläubiger zu leisten hat, wenn vorrangige Forderungen zu befriedigen sind: Denn die vorrangigen Forderungen sind – wenn es keine anderweitigen privilegierten Unterhaltsforderungen sind – nur bis zur Pfändungsgrenze des § 850c ZPO zu befriedigen, der Unterhaltsgläubiger „greift in den Topf“ zwischen Pfändungsfreigrenze und dem durch Beschluss festgesetzten Selbstbehalt. Bildlich kann das wie folgt dargestellt werden:
Vorratspfändung
Zum anderen eröffnet § 850d Abs. 3 ZPO bei gesetzlichen Unterhaltsansprüchen (oder Rentenansprüchen wegen Verletzung des Körpers oder der Gesundheit) eine „Vorratspfändung“ auch hinsichtlich solcher Ansprüche, die noch nicht fällig sind. Mit der Zustellung des Pfändungsbeschlusses an den Arbeitgeber entsteht nach BGH ein Pfändungspfandrecht am künftigen Arbeitseinkommen auch für die künftig fällig werdenden Unterhaltsansprüche.
Eine Zwangsvollstreckung künftiger Unterhaltsforderungen – also grundsätzlich eine Pfändung vor Eintritt eines Unterhaltsrückstandes – ist allerdings nur unter der Bedingung möglich, dass zumindest ein Teilbetrag fällig und somit rückständig ist. Zahlt der Schuldner regelmäßig Unterhalt, scheidet somit eine Vorratspfändung aus, da ein isolierter Antrag nicht möglich ist.
Nichtberücksichtigung von Unterhaltsberechtigten
Schließlich besteht auch die Möglichkeit, auf Antrag einen Beschluss zu erreichen, dass weitere unterhaltsberechtigte Personen mit eigenem Einkommen, die die Pfändungsfreigrenze oder den Selbstbehalt „erhöhen“, unberücksichtigt bleiben. Dem Wortlaut nach greift § 850c Abs. 6 ZPO nur für den Fall, dass die unterhaltsberechtigte Person selbst über eigenes Einkommen verfügt. Nach der Rechtsprechung gilt die Vorschrift jedoch auch, wenn der Schuldner zwar unterhaltsverpflichtet und die unterhaltsberechtigte Person auch bedürftig ist, der Schuldner aber tatsächlich überhaupt keinen Unterhalt leistet. Dies ist gerade bei der Pfändung von Unterhaltsleistungen der Fall:
Die Ansprüche werden gerade deshalb gepfändet, weil eine „freiwillige Leistung“ nicht erfolgt. Dass bei der Berechnung des Selbstbehalts die Unterhaltspflicht des betreibenden Unterhaltsgläubigers den Selbstbehalt erhöht, ist nicht akzeptabel und kann durch einen entsprechenden Antrag korrigiert werden.
Fazit
Der Unterhaltsgläubiger ist bei der Pfändung von Arbeitseinkommen privilegiert und kann trotz vorrangiger Pfändungen Leistungen erhalten, wenn die richtigen Anträge gestellt werden. Insoweit kommen die auf Antrag ergangene Entscheidung über die Herabsetzung des Selbstbehalts, die Vorratspfändung sowie der Antrag auf Nichtberücksichtigung von Unterhaltsberechtigten in Betracht.